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Good-Practice-Beispiele

Falldarstellung Timo (Schüler 12. Jahrgangsstufe der FOS, Fachrichtung Technik, Förderbedarf körperlich-motorische Entwicklung)

Timo kam nach der 10. Klasse der Realschule an die FOSBOS. Inzwischen ist die 12. Klasse der Fachoberschule, Ausbildungsrichtung Technik erfolgreich abgeschlossen. Als Diagnose wurde bei Timo „Friedreichsche Ataxie“ gestellt, eine Krankheit, bei der Nervenzellen degenerieren. Die Krankheit verläuft progredient, d. h. der Zustand verschlechtert sich zunehmend. Das Gehirn ist dabei nicht betroffen. Die Körperbehinderung wirkt sich inzwischen stark auf Fein- und Grobmotorik aus. Der Schüler benötigt einen Rollstuhl und ist in vielen alltagspraktischen Tätigkeiten stark eingeschränkt. Er hat seit der 11. Klasse einen Schulbegleiter, der bei Schreibarbeiten und praktischen Tätigkeiten, Raumwechseln usw. unterstützt. Eigenständiges Schreiben am Laptop ist noch möglich bei nicht zu umfangreichem Inhalt. Handschriftliches wird vom Schulbegleiter übernommen bzw. es werden (ausgefüllte) Arbeitsblätter, Lösungen, Tafelbilder etc. von den Lehrkräften zur Verfügung gestellt.

Leistungsnachweise werden mit Hilfe von Fremdschreibern und einem Zeitzuschlag von 50 % durchgeführt. Fremdschreiber sind Fachlehrkräfte, aber nicht die Lehrkräfte, die Timo im jeweiligen Fach unterrichten. Der Ansprechpartner für Inklusion teilt für jeden Leistungsnachweis eine Fachlehrkraft ein, der der Schüler die Lösung zur Niederschrift diktiert. Auch Zeichnungen, z. B. in Mathematik und Physik werden auf diese Weise erstellt. Die Leistungsnachweise werden in einem gesonderten Raum erbracht. Empfehlenswert ist, die Anzahl der Fremdschreiber zu begrenzen, um eine Vertrautheit herzustellen. Das Setting muss anfangs für den Schüler aber auch die Fremdschreiber eingeübt werden.

Auch für die fachpraktische Ausbildung in der 11. Jahrgangsstufe musste ein individuelles Setting entwickelt werden, das die Inklusion des Schülers in die schuleigenen Werkstätten (Metall und Elektrotechnik) ermöglicht (s. auch 6.).

Der MSD hat zu Beginn der Schulzeit an der FOSBOS Förderbedarf und Unterstützungsmaßnahmen erörtert. Hierfür wurden drei zusätzliche Stunden als Budgetzuschlag vorgeschlagen, womit Anrechnungs- und Budgetstunden gemeint sind. Die Schule hat daraus einen Antrag für zwei Anrechnungs- und eine Budgetstunde formuliert. Der Antrag wurde auch so bewilligt.

Die Budgetstunde war für individuelle Einzelförderung, möglich auch als Kleingruppe, in den Fächern mit dem größten Unterstützungsbedarf vorgesehen. Hierfür boten sich Mathematik und Physik an, da die Fächer sehr stoffintensiv sind und Übungen bedürfen, deren Verschriftlichung der Schulbegleiter oft nur schwer leisten kann. Die Budgetstunde wurde schließlich dem Physiklehrer zugewiesen, der auch in Mathematik unterstützen kann. Die Stunde wurde fest über den Stundenplan für das Schuljahr verankert.

Eine der Anrechnungsstunden ging an die Klassenleitung insbesondere für die Organisation der Leistungsnachweise mit Zeitverlängerung und Unterstützung des Klassenteams bei der Umsetzung des Nachteilsausgleichs und der individuellen Unterstützungsmaßnahmen wie die Anpassung der Materialien, Arbeitsblätter etc. Die andere Stunde ging an eine weitere Bezugsperson, in diesem Fall eine weitere Fachlehrkraft im Klassenteam.

Absprachen im Team geschehen laufend, oft im Lehrerzimmer, in kleinen Meetings und auch in einem digitalen Gruppenraum einer schulinternen Anwendung sowie per Mailverteiler der in der Klasse tätigen Kolleginnen und Kollegen und weiterer Ansprechpartner des multiprofessionellen Teams (Ansprechpartner für Inklusion, Schulleitung, Schulbegleitung, bei Bedarf Schulpsychologie, Schulsozialpädagogik, MSD).

Verantwortlich für das Ausgangssetting ist in erster Linie die Schulleitung und der Ansprechpartner für Inklusion, der auch für den Übergang von der abgebenden Realschule und die Kontaktaufnahme mit Schüler, Eltern und betreuendem MSD direkt nach der Anmeldung im zweiten Halbjahr vor Schulbeginn zuständig ist.

Bezugsperson und Klassenleitung geben im Weiteren der Schulleitung und dem Ansprechpartner für Inklusion bei Bedarf Anstöße für Änderungen im Setting und halten laufend Kontakt mit den weiteren Fachlehrkräften.

Externe Unterstützung kommt in erster Linie von den beteiligten Sonderpädagogen des MSD. Sie beraten v. a. in Bezug auf das Setting sowie die Anpassung und Ausrichtung des Unterrichts auf Bedürfnisse des Schülers.

Bezüglich der technischen Hilfsmittel gibt es spezialisierte Firmen, die in diese einführen und bei Problemen beraten und unterstützen. Sie verfügen über große Kompetenz in Bezug auf bestimmte Einschränkungen sowie Kompensationsmöglichkeiten. So wurde versucht mit einer Spracherkennungssoftware zu arbeiten. Da die Stimme bzw. Sprache aber bereits betroffen und eingeschränkt war, ergab dies keine brauchbare Lösung.

Schließlich können auch beteiligte Fachärzte eine Rolle spielen und Empfehlungen aussprechen.

Der IFD oder von ihm beauftragte Stellen können für die Berufs- und Studienorientierung eine wichtige Unterstützung sein. Regional Beratende kennen oft viele Betriebe, auch und gerade in Bezug auf Akzeptanz und Bereitschaft zur Inklusion behinderter Mitarbeiter. Bei Timo lief rückblickend ein großer Teil der Studienorientierung über den Physiklehrer, der die Einzelförderung übernahm und schließlich Timo für ein Physikstudium begeisterte.

Der NTA umfasst einen Zeitzuschlag von 50 % in Leistungsnachweisen. Die Leistungsnachweise werden wegen der hohen Zeitverlängerung in Verbindung mit dem Fremdschreiber in einem gesonderten Raum abgehalten. Auch die Gruppenprüfung in Englisch unterliegt wegen der eingeschränkten Sprache einem NTA und wird als Einzelprüfung durchgeführt. Der Fremdschreibereinsatz bringt zusätzlich den Zeugnisvermerk der Nichtwertung der Rechtschreibung mit sich.

Ein NOS besteht in Sport. Dieses Zeitfenster kann für die Einzelförderung verwendet werden.

Ein NTA taucht nicht im Zeugnis auf, während NOS eine Zeugnisbemerkung mit sich bringt.

Der Fremdschreibereinsatz ist hier grundsätzlich ein NTA, da die (inhaltliche Leistung ja vom Schüler selbst erbracht wird, bringt aber einen NOS mit sich (die Rechtschreibung kommt nicht vom Schüler). Der Fremdschreibereinsatz taucht also im Fall im Zeugnis auf mit dem Hinweis, dass die Rechtschreibung nicht in die Benotung eingegangen ist.

Zum Setting im Unterricht: siehe auch Unterstützung in der Schule

Die fachpraktische Ausbildung konnte insbesondere im Metallbereich nicht selbstständig sinnvoll durchgeführt werden. Hier ist die handwerkliche Bearbeitung von Werkstücken zentraler Inhalt. Für diese Teile kann eine externe Stelle hinzugenommen werden. So programmierte Timo für einige Wochen an einer externen Stelle eine CNC-Fräse, um damit schließlich Metall zu bearbeiten.

Die Einzelförderung oder auch die Förderung in der Kleingruppe kann in stoffintensiven Fächern mit Wiederholungen, Ergänzungen und Übungen eine wichtige Kompensationsstrategie sein und das selbstständige häusliche Arbeiten wertvoll unterstützen und vorbereiten. Idealerweise unterstützt der Schulbegleiter auch die häusliche Arbeit (ggf. am Nachmittag außerhalb des Unterrichts), da häufig schriftliche Arbeiten anzufertigen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

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