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Erscheinungsformen

Erfolgreiche Lernprozesse vollziehen sich auf der Basis eines intakten Zusammenwirkens der Entwicklungsbereiche „Motorik und Wahrnehmung“, „Denken und Lernstrategien“, „Kommunikation und Spra­che“ sowie „Emotionen und Soziales Handeln“. Lernschwierigkeiten und Lernhemmnisse resultieren meist aus einer komplexen Störung in diesem Zusammenspiel, sie sind in ihren Erscheinungsformen entsprechend vielfältig.“

(Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München. Lehrplan für den Förderschwerpunkt Lernen, S. 23)

 

Die hier dargestellten Erscheinungsformen stellen eine exemplarische Auswahl zur Verdeutlichung dar, die je nach Schülerin oder Schüler natürlich nicht vollumfänglich und nicht in gleichem Ausmaß auftreten, sondern individuell recht unterschiedlich ausgeprägt sein können.

In der folgenden Übersicht werden daher auch nur mögliche Erscheinungsformen von Lernbeeinträchtigungen in den angesprochenen Entwicklungsbereichen dargestellt. Sie können als erste Orientierung zur Einschätzung eines vermuteten Förderbedarfs Lernen dienen.

Im Sinne einer ressourcenorientierten Förderdiagnostik geht es daher nicht darum, den Fokus ausschließlich auf Auffälligkeiten zu richten. Vielmehr müssen bei der Beobachtung auch Stärken, Interessen und Entwicklungspotenziale wahrgenommen werden, die als Basis für die Gestaltung von kompetenzorientiertem Unterricht dienen.

 

 

Kommunikation und Sprache

Nonverbale Kommunikation

  • inadäquate Körperhaltung
  • zurückhaltende Mimik, Gestik, wenig Blickkontakt
  • Probleme in der Proxemik (Umgang mit der räumlichen Umgebung / mit anderen Menschen in der Nähe)


Verbale Kommunikation

  • geringe Gesprächsbereitschaft / Gesprächssicherheit
  • Probleme beim Sprechen in Lern-, sozialen und Alltagssituationen
  • verminderte Fähigkeit anderen zuzuhören
    • verzögerte Sprachentwicklung / Sprachauffälligkeiten
    • Begriffsarmut, millieuspezifische sprachliche Besonderheiten
    • herabgesetztes Sprach- / Anweisungsverständnis
    • Schwierigkeiten bei der sprachlichen Äußerung
    • z. B. zusammenhangloses Erzählen, fehlerhafte Aussprache, mangelnde Äußerungsbereitschaft, gestörter Redefluss
    • herabgesetztes Sprachverständnis
    • Differenzierungsschwächen (melodisch, rhythmisch, phonematisch, kinästhetisch)

    Denken und Lernstrategien

    • geringe Flexibilität und Kreativität im Denken
    • eingeschränkte Fähigkeit zur Kategorisierung und Strukturierung
    • lückenhafte und kaum selbstständige Problemlösungsprozesse
    • deutlich verminderte Transferleistungen
    • verminderte Gedächtnisleistung (langsames Einprägen, unvollständiges Reproduzieren, reduzierte Vorstellungsfähigkeit, fehlerhaftes / unvollständiges Erfassen)
    • nicht altersgerecht entwickeltes Allgemeinwissen
    • herabgesetzte Urteils- und Kritikfähigkeit
    • hohe Beeinflussbarkeit

    Deutliche Lücken in der Kenntnis und bei der Anwendung von Strategien der...

    • Elaboration (Integration neuen Wissens in die bestehende Wissensstruktur)
    • Organisation (Transformation vorliegender Informationen in eine leichter zu verarbeitende Form)
    • Selbstkontrolle (Memorierungstätigkeiten)
    • Wiederholung
    • Wissensnutzung

    Probleme im Lern- / Arbeitsverhalten

    • leichte Ablenkbarkeit
    • geringe Aufmerksamkeitsspanne, wenig Durchhaltevermögen
    • mangelnde Zuverlässigkeit
    • inadäquates Zeitmanagement
    • unzureichende Sorgfalt / Ordnung
    • Motivationsschwierigkeiten, Misserfolgsorientierung

    Motorik und Wahrnehmung

    • grobmotorische Störungen, z. B. Tollpatschigkeit, häufiges Stolpern
    • Probleme in der Feinmotorik: oberflächliche, ungenaue Ausführung, ungelenkes Schriftbild, ungeschickter Umgang mit Arbeitsmitteln, verlangsamtes Schreiben
    •  Bewegungskoordinations- und Rhythmusstörungen
    • verzögerte Reaktionsfähigkeit
    • inadäquate Kraftdosierung
    • mitunter schlaffe Körperhaltung
    • Überkreuzung der Körpermitte misslingt oft
    • Bewegungsdrang ausgeprägt oder vermindert
    • Schwierigkeiten in der Raumorientierung
    • unausgewogene Lateralität (z. B. keine eindeutige Rechts- oder Linkshändigkeit)

    Visuelle Wahrnehmung

    • erschwerte visuomotorische Koordination (z. B. Probleme beim Fangen von Bällen)
    • Verwechslungen, z. B. von Formen / Farben
    • schlechtes visuelles Gedächtnis
    • unzureichende Figur-Grund-Wahrnehmung (Unterscheidung von Vorder- und Hintergrund)

    Auditive Wahrnehmung

    • verminderte auditive Identifikation
    • beeinträchtige auditive Differenzierung
    • schlechtes auditives Gedächtnis

    Taktil/kinästhetische Wahrnehmung

    • Probleme mit dem Gleichgewicht
    • gestörtes Körperschema (eigene Körperwahrnehmung)
    • gering ausgeprägtes taktiles Differenzierungsvermögen (Erfühlen, Ertasten)

    Emotionen und soziales Handeln

    • negatives Selbstbild (niedriges Selbstwertgefühl, unrealistische Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit)
    • geringe Selbstkontrolle und Eigensteuerung
    • Schulunlust
    • Schulangst
    • Psychosomatische Störungen (z. B. Essstörungen, Autoaggression)
    • unzureichend ausgebildete Umgangsformen
    • wenig Selbstdisziplin (Antriebsschwäche, Verweigerungshaltung)
    • geringe Frustrationstoleranz und Kritikfähigkeit
    • rasches Resignieren bei Problemen
    • unzureichende Strategien zur Konfliktlösung
    • hohe Beeinflussbarkeit
    • eingeschränkte Team- und Gemeinschaftsfähigkeit aufgrund von Schwierigkeiten bei der Anbahnung von Kontakten, mangelnder Bereitschaft zur Übernahme sozialer Verantwortung, niedriger kommunikativer Kompetenzen und unzureichender Kooperationsfähigkeit
    • Bindungsprobleme (z. B. hohes Misstrauen gegenüber Lehrkräften, Klammern an Bezugspersonen)

    Bei einigen Schülerinnen und Schülern im Förderschwerpunkt Lernen sind darüber hinaus Lernstörungen vorhanden, die fachärztlich diagnostiziert werden (z.B. Rechenstörung). Für den Nachweis einer Lese- Rechtschreibstörung ist die Vorlage einer schulpsychologischen Stellungnahme erforderlich und ausreichend.